Man hat ihn "falsettierenden Bariton", "fabelhaften Sänger", "Sprachperformer", "Performancesprecher", "Vokalist" genannt oder auch "in der polyglotten Ausführung verblüffend virtuos".

Christian Kesten ist seit 1987 Interpret Neuer Vokalmusik und Neuen Musiktheaters, als Solist oder im Ensemble "Die Maulwerker".

Atemmusik, Countertenorales, Country, Jodeln, Kehlkopfknarren, Lied, Obertongesang, Oper, Pop, Song, Zungenklänge, die Klänge von vielleicht neun verschiedenen Sprachen, dazu diverse Fantasiesprachen: Er gilt als Spezialist für stimmliche Experimente; für Grenzgänge zwischen Musik und Sprache, zwischen Musik und Theater, für die Durchdringung von Musik und Raum, von Klang und Stille.

Kesten entwickelte ein Instrumentarium an erweiterten Vokaltechniken, die das Geräusch und die feine Nuancierung von Klangfarben in den Vordergrund stellen. Sein Umgang mit der Stimme ist eher abstrakt und „unpsychologisch“. Die Klänge haben Raum, in ihrer Eigenheit wahrgenommen zu werden.
Ihn prägte die Arbeit mit den offenen, konzeptuellen Werken der experimentellen Tradition, die den Interpreten zum Mitkomponisten machen. Das Bewusstsein für Stille und die Durchdringung von Außen- und Innenklängen führt zu einer körperlichen Präsenz seines Spiels und die Wahrnehmung von Raum bzw. dessen Einbeziehen.

Im Zuge seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Dieter Schnebel bestritt er die Uraufführungen der wichtigsten musiktheatralischen Werke Schnebels. Er gilt als wichtiger Cage- und Fluxus-Performer (Zusammenarbeiten mit Emmett Williams (1999-2007) und Alison Knowles (2008)). Er arbeitete mit Komponisten wie Alessandro Bosetti, Lucio Capece, Jacques Demierre, Axel Dörner, Jürg Frey, Suguru Goto, Michael Hirsch, Aleks Kolkowski, Radu Malfatti, Chico Mello, Andrea Neumann, Makiko Nishikaze, Georg Nussbaumer, Nicola Sani, Iris ter Schiphorst, Hans Wüthrich u.v.a.; mit den Regisseuren Achim Freyer, Jörg Jannings, Christina Tappe, Matthias Wittekindt, Marcel Schwierin u.a.; mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin, Ensemble Modern, Apartment House London, dem Berliner Symphonie Orchester, dem Ensemble Mosaik Berlin, dem Ensemble Musica Negativa, dem Collegium Novum Zürich; daneben Studio- und Radioproduktionen mit Klangkünstlern und Hörspielregisseuren.

Konzerte in Tokyo, Moskau, Israel, Tschechien, Slowakei, Österreich, Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, Glasgow, New York, Toronto, Montréal, Rio de Janeiro und vielen deutschen Städten.

Er war Sprecher in Dieter Schnebels Oper Majakowskis Tod, Oper Leipzig 1998; sang den Dottore Klein in Giovanni Damianis Oper Salve follie precise, Palermo 1998; sprach Stravinskijs Geschichte vom Soldaten in der konzertanten Fassung für einen Sprecher mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin 1997, mit BSO-Solisten 1998, mit dem Ensemble Modern 2003.

Makiko Nishikaze schrieb Chant I, II, III (1998/99) und Monte Sancto (Psalm 15) (2005) für ihn. Außerdem sang er in Nishikazes Oratorio für 5 Vokalisten (Die Maulwerker) (2000/2002) und Angel, the messenger für 3 Vokalisten und 4 Instrumente (2009).

Er sang und spielte am Theater Bielefeld 2001 in der vollständigen Fassung von John Cages Song Books, für deren Realisierung er mitverantwortlich zeichnet.

2004 war er Solist in Iris ter Schiphorsts Erlaube, Fremdling, dass ich dich beruehre... im Festspielhaus Dresden-Hellerau, 2006 in Erlaube Fremdling dass ich dich berühre II in der Kulturbrauerei Berlin und im Schauspielhaus Chemnitz.

Er war 2004 Vokalist in Alessandro Bosettis The Mouth mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin.

2005 sang er die Rolle des Brian in Destino das Oito - Fate at Eight - Schicksal um acht, eine Telebossa von Chico Mello (Komposition) und Christina Tappe (Regie), mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin, im Rahmen des Festivals MaerzMusik/Berliner Festspiele im Hebbel-Theater HAU1, Berlin. [Videos siehe unten]

Im Oktober 2007 nahm er die 22 Lautgedichte SOS des Schweizer Komponisten Jacques Demierre auf, die im Mai 2009 bei Editions Héro-Limite erschienen sind, anlässlich der Live-Aufführung beim Festival Les Amplitudes in La Chaux-de-Fonds, Schweiz.

2009 war er Vokalist und Performer in BLANC von Jacques Demierre, Isabelle Duthoit und Alexandre Simon mit Aufführungen im Super Deluxe Tokyo und am Théâtre du Grütli Genf.

Außerdem 2009 Vokalist in Axel Dörners Quintett perkfra, Performer in Andrea Neumanns Variationen, Lucio Capeces Thales, sowie Vokalist in seinem eigenen Quintett o.T. (noch ein feld).

Die Arbeiten von Dieter Schnebel präsentierte Kesten 2008 im Zuge seiner Nordamerika-Solo-Tournee in der Gallery 345 in Toronto sowie im Goethe-Institut Montréal. Im Sommer 2008 gab es in Berlin den Abend "Geschnebeltes". Im April 2009 lud ihn die Musikhochschule Wien zu einem Schnebel-Portrait ins 3raum-Anatomietheater ein, im Oktober zeigte Kesten in Berlin beim Galerienrundgang des RBB-kulturradios - autorisiert vom Komponisten selbst - eine Version von Schnebels Visible Music für 1 Dirigenten (Kesten) und 2 Instrumentalisten (Kammerensemble Neue Musik Berlin: Winfried Rager, Es-Klarinette und Robin Hayward, Tuba).
Im Januar 2010 spielten DIE MAULWERKER das Eröffnungskonzert des Berliner Ultraschall-Festivals, es wurden Schnebels Kafka-Dramolette mit Kesten als Solist uraufgeführt, sowie glossolalie 61 gegeben, Kesten spielte den Dirigenten.

2010 war Kesten Vokalist in Klaus Schedls TILT!, in der Regie von Michael Scheidl, sowie Ludger Brümmers In Erwartung der Tauglichkeit einer rationalen Methode zur Lösung des Klimaproblems unter der künstlerischen Leitung von Peter Weibel (ZKM). Beide Opern waren Teile des Projekts AMAZONAS – Musiktheater in drei Teilen, das bei der Münchener Musiktheater-Biennale zur Uraufführung kam, mit weiteren Aufführungen im SESC Pompeia in Sao Paulo. TILT! wurde auch bei den Operadagen Rotterdam 2010, sowie beim Out Of Control Festival 2013 in Wien aufgeführt.

2012 eröffneten die Maulwerker zusammen mit dem New Yorker Ensemble Ne(x)tworks das Berliner Festival für aktuelle Musik MaerzMusik mit John Cages Song Books, das zusammen mit Cages Concert for Piano and Orchestra aufgeführt wurde. Die Künstlerische Leitung hatte Joan La Barbara. (Kestens Soli waren Solos for Voice No. 29, 65, 76 und 88.)




Destino das Oito 1. Teil (08:00)

Destino das Oito 2. Teil (09:17)

Destino das Oito 3. Teil (08:48)

Destino das Oito 4. Teil (09:56)

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